Im Katastrophenfall brauchen wir einen wirkungsvollen Schutzschirm für alle

TOP 16 – Keine weitere Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürger

Dazu sagt die sozialpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Anna Langsch, im Rahmen der Plenartagung des Landtags Schleswig-Holstein vom 20. – 22.09.2023:

„Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,

zunächst eine Zahl: 40,5 Milliarden Euro. So hoch ist die geschätzte Gesamtsumme der Schäden durch die Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021. Nur ein Bruchteil davon, circa 8,5 Milliarden Euro, war von Versicherungen abgedeckt. Der Bund hat bis zu 30 Milliarden Euro für den Wiederaufbau zugesagt.

Sollen die Betroffenen am Ende nicht vor dem Ruin stehen, muss neben einer Menge Arbeit Geld her. Und das kommt bisher am Ende meist vom Staat. Dass Klimaschäden den Staat auch in Zukunft Geld kosten werden, ist nicht gänzlich zu vermeiden – Stichwort öffentliche Infrastruktur. Dass sich aber viele Gremien in den letzten Jahren mit der Frage befasst haben, wie mit solchen Kosten in Zukunft umzugehen sei, ist so nachvollziehbar wie richtig.

Erst kürzlich wurde eine Umfrage unter allen deutschen Landkreisen veröffentlicht: 96 Prozent von ihnen rechnen mit mehr Extremwetterereignissen bis zum Jahr 2050. Die Wissenschaft lässt keinen Zweifel daran, dass der Klimawandel voranschreitet, und dass infolgedessen Extremwetterereignisse künftig wahrscheinlicher und stärker werden. Die Gesellschaft muss sich auf diese neue Risikolage einstellen. Und wir werben dafür, dass sie das solidarisch tut.

Extremwetterereignisse sind kein Risiko, gegen das sich jede und jeder Einzelne selbst absichern kann und sollte. Keines, das nur einzelne, besonders gefährdete Gemeindegebiete betrifft. In diesen wird im Zweifel nach derzeitiger Rechtslage sowieso kein Versicherungsschutz mehr zu bekommen sein. Die Gesellschaft als Ganzes muss sich auf die neue Risikolage einstellen und gemeinsam solidarische Antworten finden.

Nur eine flächendeckende Elementarschadenversicherung für alle kann gewährleisten, dass alle einen Versicherungsschutz bekommen. Nur sie ist groß genug, um für alle im Katastrophenfall auch einen wirkungsvollen Schutzschirm zu bieten. Nur sie kann dafür sorgen, dass die Beitragslast für die Einzelnen moderat bleibt. Und nur eine bundesweite Lösung bietet die nötige Einheitlichkeit, um allgemein auf Akzeptanz zu stoßen.

Deshalb hat das Vorhaben der Einführung einer flächendeckenden Pflichtversicherung gegen Elementarschäden meine volle Unterstützung und die meiner Fraktion.

Ihnen allen ist sicher bekannt, dass sowohl die Ministerpräsident*innen-Konferenz als auch der Bundesrat bereits einstimmige Beschlüsse gefasst haben, in denen sie eine Versicherungspflicht gefordert haben. Die Bundesregierung ist jetzt in der Pflicht, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen.

Und dass es beim Thema Elementarschäden Handlungsbedarfe gibt, ist nicht neu, auch nicht in Schleswig-Holstein. Mit der 2017 gestarteten Kampagne für Elementarschadenversicherungen konnte die Versicherungsquote im Land durchaus gesteigert werden – ein Erfolg des damaligen Umweltministers Robert Habeck und der damaligen Verbraucherschutzministerin Sabine Sütterlin-Waack.

Aber noch immer sind in Schleswig-Holstein weniger als 40 Prozent der Wohngebäude gegen die entsprechenden Schäden versichert, im Bundesschnitt ist es circa jedes zweite. Und das wollen wir ändern. Und wie eben gesagt, auch nicht erst seit gestern.

Die vorliegende Beschlusslage zur Einführung einer Versicherungspflicht ist eine Folge von vielen Gesprächen, vielen Kampagnen und der gemeinsamen Einsicht, dass es besser ist, sich jetzt zu den in Zukunft entstehenden Kosten durch Klimaschäden zu verhalten, als es einfach auf sich zukommen zu lassen, wie die FDP es vorschlägt.

Denn ich teile die Auffassung der FDP nicht, dass Klimaanpassungen uns gänzlich vor steigenden Kosten durch mehr Schäden bewahren würden. Und auch Anpassungsmaßnahmen, die es unzweifelhaft ebenfalls braucht, kosten Geld. 

Und noch viel besser wäre es, wenn auf eine Forderung nach einer Pflicht zur Versicherung von Elementarschäden nicht mit Klimaanpassung als Antwort argumentiert werden würde, sondern mit Klimaschutz.

Denn wir dürfen die wichtigste Maßnahme gegen zukünftige Extremwetterschäden nicht aus den Augen verlieren: Eine bessere und konsequentere Klimaschutzpolitik! Jede weitere globale Erwärmung wird in Zukunft Schäden anrichten, die man möglicherweise auch in Geld bemessen kann, die aber zuerst persönliche Schicksale und Verluste sind.

Noch haben wir es in der Hand, die Krise zumindest auf ein Maß zu begrenzen, mit dem wir noch irgendwie umgehen können. Das ist die große Herausforderung unserer Zeit. Wir stellen uns dieser Herausforderung.

Vielen Dank!“

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.